Fitnesszustand und Blutzuckerverlauf
Die positiven Auswirkungen von Sport auf die Therapie von Menschen mit Diabetes Typ 1 dürften hinlänglich bekannt sein. Ebenso ist klar, dass durch den Sport der Bedarf an Insulin gesenkt wird und die Therapie somit angepasst werden muss. Was aus meiner Sicht bislang vernachlässigt wird, ist der Tatbestand, dass dabei das Fitnessniveau einen Einfluss auf den Verlauf des Blutzuckers hat. Hierzu kann man wenig lesen und ich möchte mich deshalb heute damit einmal intensiver beschäftigen. Es handelt sich lediglich um meine individuellen Erfahrungen, die keinesfalls eins zu eins übernommen werden sollten.
Schon nach kürzeren Trainingspausen stelle ich eine deutliche Veränderung meines Blutzuckerverlaufes fest, die je nach Sportart variiert. Am stärksten spüre ich es beim Laufen.
Hier kann ich eine Veränderung bereits nach drei bis vier Wochen Laufpause feststellen. Dazu ein Beispiel aus einer Zeit kurz nach einem Triathlon über die Mitteldistanz (Juli 2023) und in der Off Season (Dezember 2023).
Ich startete am 20. Juli um 17 Uhr einen kurzen Lauf mit einer Dauer von 43 Minuten. Gestartet bin ich mit einem Blutzucker von 149 mg/dl und beendete den Lauf mit 90 mg/dl. Mein Blutzucker sank in dieser Zeit um 59 mg/dl. Während des Laufes habe ich keine Kohlenhydrate zugeführt und hatte kein Bolusinsulin im Körper.
Der Lauf in der Off Season war im Dezember und startete um 15 Uhr. Er dauerte 45 Minuten, und war so dem Lauf im Juli sehr ähnlich. Gestartet bin ich mit einem Blutzuckerwert von 239 mg/dl und endete nach 45 Minuten mit einem Wert von 93 mg/dl. Mein Blutzucker fiel also in einer dreiviertel Stunde um 146 mg/dl. Dies war deutlich mehr als in einer Phase, in der ich ein gutes Fitnesslevel hatte. Sportliche Aktivitäten haben demnach, wenn ich gut trainiert bin, nicht so viel Einfluss auf den Blutzucker als zu Zeiten eines niedrigeren Fitnesslevels.
Auch der zweite Lauf in der Off Season wurde ohne Zufuhr von Kohlenhydraten absolviert und es befand sich kein Bolusinsulin im Körper. In der fast gleichen Zeit senkte sich mein Blutzucker im trainierten Zustand um 59 mg/dl und um 146 mg/dl im nicht trainierten Zustand. Das ist aus meiner Sicht ein beachtlicher Unterschied. Im trainierten Zustand bleibt mein Blutzucker in den ersten 10 Minuten weitgehend konstant. Nach ungefähr 20 Minuten liegt der Wert bei ca. 100 mg/dl und bleibt in diesem Bereich bis zum Ende der Trainingseinheit. Im nicht trainierten Zustand beginnt der Blutzucker bereits nach 10 Minuten deutlich zu fallen und fällt weiter bis zum Ende der Trainingseinheit. Eine stabile Phase des Blutzuckers fehlt im nicht trainierten Zustand.
Um genau zu wissen, ob dieser Zusammenhang so besteht und um gesicherte Aussagen machen zu können, müssten sicherlich noch weitere Parameter, wie z.B. die Ernährung und die Vorbelastung vor dem Lauf, berücksichtigt werden. Zur Vorbelastung kann ich sagen, dass ich bei beiden Läufen vorher keine Trainingseinheit absolviert hatte. Leider fehlt mir eine Dokumentation der Ernährung, ich gehe aber davon aus, dass es auch in diesem Punkt zwischen den beiden Läufen keine großen Unterschiede gab. Meine durchschnittliche Herzfrequenz lag im trainierten Zustand bei 126 s/min und etwas höher bei 132 s/min im untrainierten Zustand. Was das Tempo angeht, waren die beiden Läufe in einem vergleichbaren Bereich und wurden im gleichen Gebiet gelaufen.
Mich würde sehr interessieren, ob ihr ähnliche Erfahrungen gesammelt habt. Dies könnte möglicherweise auch erklären, warum immer wieder Menschen mit Diabetes Typ 1 davon berichten, dass bei sportlichen Aktivitäten der Blutzucker stark sinkt und auch die mitgeführten Kohlenhydrate trotz reduziertem Insulin nicht ausreichen, um den Abfall des Blutzuckers abzufangen. Aus meiner Sicht ist es deshalb notwendig, stets auch mitzuberücksichtigen, in welchem Fitnesszustand man sich aktuell befindet. Ein Lauf in eher nicht so gut trainiertem Zustand sollte daher entweder mit einem höheren Blutzuckerwert gestartet oder es sollte früher mit der Zufuhr von Kohlenhydraten begonnen werden.